Netzwerk- und Kompetenzbildungstreffen für Hochschulräte

Eine Frage der Strategie: Gender und Gleichstellung in der Arbeit der Hochschulräte*

 

Tagungsprogramm (PDF)

 

TAGUNGSBERICHT

Auf dem Netzwerk- und Kompetenzbildungstreffen am 29.04.2016 wurden umfassende Informationen zur Gleichstellungspolitik im Hochschulbereich geboten und die Zwischenergebnisse des Projekts „Gender-Kompetenz für Hochschulräte (GeKo HR)“ vorgestellt. Die teilnehmenden Hochschulratsmitglieder von Hochschulen aus ganz Deutschland diskutierten angeregt, wie die Verwirklichung tatsächlicher Gleichstellung zu einem selbstverständlichen Ziel der Arbeit von Hochschulräten entwickelt werden kann.

Im Namen der Veranstalter_innen und der gastgebenden Hochschule für Wirtschaft und Recht begrüßten die Projektleiterin Prof. Dr. Marianne Egger de Campo und der Erste Vizepräsident Prof. Dr. Harald Gleißner die Teilnehmenden. In einem anschließenden Grußwort des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurde auf die aktuelle Gleichstellungssituation in den Hochschulen und die gleichstellungspolitischen Maßnahmen des Ministeriums eingegangen. Am Beispiel eines 2004 gesetzten Gleichstellungsziels wurden zugleich die Bedeutung von Ziel- und Leistungsvereinbarungen wie auch die seitdem erreichten Fortschritte bei der Erhöhung des Frauenanteils unter den Professor_innen veranschaulicht. 2004 war eine Zielquote von 20% Frauenanteil im Vergleich zu 13% im Bundesdurchschnitt noch ein ambitioniertes Ziel für eine Hochschule. Heute liegt der Bundesschnitt bei 22%. Die Rolle von Hochschulräten bleibe es, einzuschätzen, was heute ambitionierte und zugleich realistische Gleichstellungsziele für die jeweilige Hochschule seien.

Anschließend informierte Dr. Dagmar Simon, die Leiterin der Forschungsgruppe Wissenschaftspolitik am Wissenschaftszentrum Berlin, über Entwicklungen der Hochschulgovernance in den vergangenen 20 Jahren und bettete die strategischen Perspektiven der Gleichstellungstellungspolitik an Hochschulen in den Kontext europäischer und nationaler Wissenschaftsförderung ein. Bei der personellen Gleichstellung seien langsame Fortschritte in den Ergebnissen erkennbar. Auch die Gleichstellungsstrukturen in den Hochschulen und die wissenschaftspolitischen Rahmenbedingungen hätten sich verbessert. Insbesondere die argumentative Verknüpfung von wissenschaftlicher Qualität mit Gleichstellung im Rahmen der Exzellenzinitiative und die gleichstellungsorientierten DFG-Forschungsstandards hätten zu einer Aufwertung von Gleichstellungsthemen beigetragen. Die Situation sei in den einzelnen Disziplinen aber nach wie vor sehr unterschiedlich und bei den Professuren sei der Weg zu einem ausgeglichenen Verhältnis noch sehr weit. Die Integration von Gender-Aspekten in Forschung und Lehre werde vor allem durch die EU forciert und sei in der deutschen Wissenschaftspolitik nur in Ansätzen verankert.

Für das Projektteam von GeKo HR stellte Jochen Geppert die Verknüpfungen von Hochschulratsarbeit und Gleichstellung näher heraus. Neben rechtlichen Regelungen zu den Kompetenzen von Hochschulräten und zur Gleichstellung wurden im Projekt unterschiedliche Argumentationen für die personelle Gleichstellung und die inhaltliche Integration von Gender zusammengestellt. Im Projekt werden Hochschulen als „multirationale“ Organisationen verstanden. Dies ermöglicht es, trotz unterschiedlicher landesrechtlicher Vorgaben zu Kompetenzen und Zusammensetzung von Hochschulräten und trotz unterschiedlicher Argumentationsmöglichkeiten für Gleichstellung Handlungsempfehlungen zu geben, die sich an die jeweilige Situation der einzelnen Hochschulen und ihrer Räte anpassen lassen. Schließlich stellten Dr. Karin Hildebrandt und Jochen Geppert die Webseite des Projekts und die Entwürfe der Fact Sheets vor, die die wesentlichen Ergebnisse des Projekts festhalten. Diese Prototypen der Produkte des Projekts fanden nach ausführlicher Diskussion mit den Teilnehmenden großes Interesse und es wurde die gleichstellungspolitische Bedeutung dieser Materialien deutlich hervorgehoben.

Dr. Philine Erfurt unterstrich in ihrem Abschlusskommentar noch einmal die Bedeutung des Zusammenspiels von Buttom Up Engagement und Top Down Vorgaben für Gleichstellungsprozesse in Organisationen. Leitungsgremien wie die Hochschulräte können insbesondere durch eine regelmäßige Thematisierung Gleichstellungsfragen eine strategische Bedeutung in der Hochschulentwicklung geben und so zu einem nachhaltigen Kulturwandel beitragen.

In Ihrem Ausblick kündigte Dr. Karin Hildebrandt an, dass die überarbeiteten Materialien in gedruckter Form über die Geschäftsstellen der Hochschulräte an alle Hochschulratsmitglieder, alle Hochschulleitungen sowie die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen verschickt werden. Die Webseite des Projekts soll entsprechend den Anregungen aus der Veranstaltung ergänzt und in Abhängigkeit von der verbleibenden Projektlaufzeit auch erweitert werden. Über die Webseite sollen die Projektergebnisse für neue Hochschulratsmitglieder möglichst lange – auch über die Laufzeit des Projekts hinaus – zugänglich sein.

Das Projekt „Gender-Kompetenz für Hochschulräte“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung noch bis zum 31.08.2016 am Fachbereich Allgemeine Verwaltung der HWR gefördert. Die abschließenden Ergebnisse und Materialien des Projekts sowie weitere Informationen sind auf der Webseite des Projekts abrufbar: www.hochschul-raete.de.

 

* gemeint sind intermediäre Beratungs-, Aufsichts- und Vermittlungsgremien an Hochschulen mit den gesetzlichen Bezeichnungen Hochschulrat, Kuratorium oder Stiftungsrat

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung